Beitragsseiten

Geschichtliches zum Sonderverein der Danziger Hochflieger

Im Jahr 1909 trafen sich, vermutlich im damaligen Stettin (pol.: Szczecin), Züchter der Danziger Hochfliegertaube unter der Leitung von Herrn L. Voss aus Stendal. Weitere Gründungsmitglieder waren die Züchter Emil Riebe, Swinemünde (pol.: Świnoujście), Adolf Weinschenk, Bromberg (pol.: Bydgoszcz), Otto Löffler, Stendal und Paul König, Neustädtel (pol.: Nowe Miasteczko). Ihr Ziel war es, einen Spezialverein zu gründen, der sich mit der Förderung, Weiterentwicklung und Verbreitung der von Ihnen gezüchteten Taube im gesamten königlichen Reich befasste. Nach Gründung des Hauptvereins, genannt Spezialverein der Züchter der Danziger Hochfliegertaube, Sitz Stettin, wurden auch Ortsgruppen in Berlin und Danzig gebildet.

Dieser Zeitpunkt ist jedoch nicht gleich zu setzen mit dem Beginn der organisierten Zucht und der Pflege der Namensgebung, dem Hochflug. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden durch arrivierte Züchter, wie Gustav Olschewski und Carl Studti aus den Danziger Stadtteilen Langenfuhr (pol.:Wrzeszcz) bzw. Oliva die Danziger in Ihrem Aussehen verfeinert und ihre Flugleistung gesteigert.

Das gesamte Zuchtgeschehen der damaligen Zeit im Raum Danzig wurde über den 1878 gegründeten Ornithologischen und Geflügelzuchtverein organisiert und begleitet.


Die Vorgenannten gründeten dann 1904 mit weiteren Mitstreitern den Vorläufer des Spezialzüchtervereins, den Klub der Danziger Hochflieger mit Sitz in Danzig. Es ist zu vermuten, dass dieser Klub dann in die Ortsgruppe Danzig des Spezialzüchtervereins für Danziger Hochflieger aufging.

Mit der Gründung des Klubs, bzw. später dem Spezialzüchterverein wurde unsere Rasse in den Küstenländern des damaligen Königreiches bekannt und beliebt. Dieses verdeutlicht ein Artikel aus der Geflügelbörse, Jahrgang 1935:

[..] 1909 schlossen sich deshalb die nun im ganzen Reiche vorhandenen Freunde des Danziger Hochfliegers zu einem Sonderverein zusammen, der in den nächsten Jahren eine ungeheuere Werbetätigkeit entfaltete, wodurch zwar die Rasse der Zahl nach gewaltig zunahm, aber gleichzeitig – wie dies nicht anders sein konnte – in der Güte zurückging. In jenen Jahren wurden die jungen Danziger ihren Züchtern geradezu aus den Händen gerissen. Es kam gar nicht darauf an, ob ein Tier für die Zucht wirklich brauchbar war, ob man von ihm eine Förderung der Rasse erwarten konnte. Die Hauptsache war, dass es ein Danziger war, denn Danziger waren Trumpf.[..]

Mit der Zunahme an Züchtern unserer Rasse stieg auch die Mitgliederzahl auf 160 Personen. Diese Anzahl konnte bis ins Jahr 1914 gehalten werden.

Die erste Zäsur in der Entwicklung des Sondervereins begann mit dem ersten Weltkrieg und den sich anschließenden Jahren. Die Züchter in den damaligen Hauptverbreitungsgebieten des Danziger Hochfliegers, Ost- und Westpreußen sowie die Provinz Posen, litten unter den Wirren des Krieges und den anschließenden geographischen Veränderungen.

Nach Beendigung des Krieges und den Gründungswirren der jungen Republik fanden sich 1919, nach einem Rundruf in der Geflügel-Börse durch den Züchter König, aktive Danzigerzüchter in Danzig zusammen und reaktivierten den Spezialverein unter dem neuen Namen Verein der Züchter Danziger Hochflieger.

"Zum Alten Askanier" in PotsdamDas Vereinsleben bekam im Jahre 1925 neuen Aufwind durch die Wahl von Walter Koch aus Berlin-Lichterfelde zum 1. Vorsitzenden. So zählte der Sonderverein am Ende des Jahres 1927 wieder 68 organisierte Züchter. Beachtlich ist auch die Häufigkeit von Versammlungen in dieser Zeit. So trafen sich Mitglieder aus diversen Regionen 1928 insgesamt 7 mal in verschiedenen Lokalitäten im Raum Berlin, u. a. im Gartenlokal "Zum Alten Askanier“ in der Anhaltstrasse 11 in Potsdam (s. nebenstehendes Foto).
Für die zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorherrschenden verkehrlichen Verhältnisse eine beachtliche Leistung und ein Ausdruck von dem hohen ideellen Engagement der damaligen Züchtergemeinde.

Im Jahre 1929 wurde im Raum Berlin ein weiterer Spezialverein für den Danziger Hochflieger gegründet. Aus welchem Grund und wer die Gründungsmitglieder waren, ist nicht überliefert. Jedoch schienen seine Aktivitäten auf den Raum Berlin beschränkt geblieben zu sein.

Bis zum Ende der Weimarer Republik war das Vereinsleben angefüllt mit Ausstellungsorganisationen, Fachvorträgen auf Mitgliederversammlungen, Tierbewertungen etc.. Die für den Danziger Hochflieger und seine Züchter unbeschwerten Jahre unter der Leitung vom Vorsitzenden Koch sollten bis 1933 andauern.


Die dann folgenden Jahre wurden geprägt durch ein totalitäres Regime, welches versuchte, bis in die privaten Bereiche der Menschen Einfluss zu nehmen. Dieses zeigte sich bereits 1933, als durch eine Bestimmung die Zusammenlegung der beiden zum damaligen Zeitpunkt existierenden Sondervereine festgelegt wurde. Die offizielle Zusammenlegung fand dann am 29. Oktober 1933 durch die Wahl eines neuen gemeinsamen Vorstandes statt. Vorsitzender blieb Zfr. Koch. Der Kreis der Züchter und Freunde des Danzigers umfasste zu diesem Zeitpunkt 102 Mitglieder.

Die letzten Protokollaufzeichnungen sind datiert auf Ende 1937. Welche Zeiten und Ereignisse und damit einhergehende Schwierigkeiten und Nöte für den Sonderverein und seine Züchter anbrachen, ist hinlänglich bekannt. Dokumentiert ist, dass 1942 in Danzig und 1943 in Stolp/Pommern (pol.: Słupsk) noch Sonderschauen abgehalten wurden. Auf der in Stolp stattgefundenen Jahreshauptversammlung wurde vom Vorsitzenden Fritz die Anzahl von 71 SV-Mitgliedern genannt. Der Hinweis im Protokoll auf Zuchtaufgaben durch die Einberufung zur Wehrmacht mag verdeutlichen, welche traurigen Schicksale die Mitglieder ereilten.

Nach dem Ende des Krieges waren viele Zuchten nicht mehr existent. Die aktiven Züchter waren durch Umsiedlung, Flucht und Vertreibung über das gesamte Gebiet Deutschlands verteilt oder wurden durch Kriegsgeschehnisse getötet. Den Wenigen, denen es noch vergönnt war, Danziger in den Ställen zu haben, kämpften mit Ihren Familien um die Existenz. Die gezielte Zucht von Danzigern stand dabei selbstverständlich hinten an.

Bewundernswert ist sicherlich die Tatsache, dass selbst auf der Flucht, neben den wenigen übrig gebliebenen Habseligkeiten, noch Tauben mitgenommen wurden. Diese bildeten den Grundstock des Neuanfangs vieler Zuchten.

Mit der Aufteilung des ehemaligen Deutschen Reiches in den britischen, den französischen, den amerikanischen und den russischen Sektor erfolgte auch die Trennung der Züchter innerhalb Deutschlands. Während die Züchter in den westlichen Sektoren sich wie oben beschrieben unter dem Dach des SV 09 versammelten, bildeten die Züchter im östlichen Sektor eine Spezialzuchtgemeinschaft. Am 07. Februar 1954 fand auf dem Gebiet der späteren DDR die erste Versammlung der SZG Danziger Hochfliegertauben statt.


Hans Joachim KarstenDie Wiederbelebung des Sondervereins der Danziger Hochflieger in den westlichen Sektoren erfolgte im Mai 1947 in Hamburg-Harburg. Unter der Leitung von Hans-Joachim Karsten trafen sich nach dem Krieg wieder die Freunde des Danzigers zu einer ersten Zusammenkunft nach dem Kriege.

Hier wurde der 11. November 1947 als Termin für die erste offizielle Mitgliederversammlung festgelegt. Auf dieser Versammlung, zu der 20 Mitglieder anreisten, wurde Zfrd. Karsten zum 1. Vorsitzenden gewählt. Ihm zur Seite standen die Zuchtfreunde Ulrich Habermann als Schriftführer und Rudi Eckrut als Kassierer. Diese Wahl war der Beginn der längsten Amtszeit eines Vorsitzenden. Sie endete erst nach 37 Jahren mit dem Ereignis des 75-jährigen Jubiläums im Jahre 1984.

Wie zu Beginn des letzten Jahrhunderts, als die Danziger Taube ihren erfolgreichen Weg in den Regionen entlang der Ostseeküste begann, so startete jetzt auch der reaktivierte Sonderverein seinen Weg in den norddeutschen Regionen. Auf den Ausstellungen war unsere Tümmlertaube wieder vertreten, anfänglich in kleinen Kollektionen, später in beachtlicher Stückzahl.

Nachdem der Hauptverein nun wieder funktionsfähig und zielgerichtet arbeiten konnte, kam es in den verschiedenen Bereichen der neuen Bundesrepublik zur Bildung von Regionalgruppen. Diese hatten als Zielsetzung, die Verbreitung des Danzigers in ihrem nahen Umfeld voranzubringen. In den Chroniken der 50er und 60er Jahre wird vereinzelt die Gruppe Berlin genannt. Die genannten Mitglieder dieser Gruppe, wie beispielsweise der Ehrenvorsitzende Otto Richter und das Ehrenmitglied Paul Güthling zählen zu den Leitpersonen des Sondervereins aus der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts. Es kann vermutet werden, dass die Ursprünge der Gruppe Berlin auf die Gründung des zweiten Sondervereins für den Danziger Hochflieger in den 30er Jahren zurückgeht. Durch den Mauerbau 1961, der die Stadt Berlin zweiteilte, wurde der Gruppe die Basis genommen und führte dann zu deren Auflösung. Den Anfang der heute noch existierenden Gruppen machte 1955 die Gruppe Süd unter der Leitung von Bernhard Treder. Es folgten 1961 die Gruppen Nord, West und Hessen. Die beiden erstgenannten Gruppen mussten aber aufgrund mangelnden Zuspruches ihre Arbeit wieder einstellen. Erst zu Beginn der 70er Jahre nahmen diese Gruppen ihre Arbeit wieder auf und konnten sie bis zum heutigen Tag weitestgehend erfolgreich gestalten.

Sommertagung07Teilnehmer der Sommertagung 2007 beim Vorsitzenden Manfred Röstel in Todenbüttel


 

Die Spezialzuchtgemeinschaft in der ehem. DDR

Am 3. November 1953 trafen sich 15 Mitglieder des Sondervereins anlässlich der Bezirksschau in Leipzig. Bei diesem Treffen wurde der Beschluss gefasst, für die Züchter der Danziger Hochflieger eine Bezirksgruppe „Mitte“ zu gründen. Nach Rücksprache mit dem damaligen SV-Vorstand bei einem Treffen in Berlin stand der Gründung dieser Bezirksgruppe in der DDR nichts im Wege und so nahm die Gruppe unter der Bezeichnung „Spezialzuchtgemeinschaft für Danziger Hochflieger, Bezirk Thüringen und Sachsen“ zum 1. Januar 1954 die Arbeit auf.

Der Vorstand setzte sich zusammen aus dem ersten Obmann, Walter Ansen aus Altenburg in Thüringen, Schriftführer Ernst Hübner aus Magdeburg und Kassierer Walter Berthold aus Doberlug-Kirchhain. Am Versammlungsort Leipzig sollten etwa alle 3 – 4 Monate Zusammenkünfte stattfinden. Es wurden Sonderschauen und Züchterbesuche geplant, die Ausbildung von Sonderrichtern hatte man sich ebenso als Ziel gesetzt. In den ersten Jahren des Bestehens war man insbesondere darum bemüht, mit Hilfe der nun gewonnenen Kontakte geeignetes Zuchtmaterial zu bekommen, denn auch in dieser Region waren durch den Krieg nur wenige Tiere vorhanden. Die Sonderschauen fanden zunächst in Leipzig, Erfurt und Dresden statt. Als Sonderrichter kamen anfangs noch Otto Richter, Berlin und Ulrich Habermann, Lübeck zum Einsatz. Neben den Schauen fanden dann vermehrt auch Züchterbesuche und Sommertagungen statt, um außer den organisatorischen Belangen auch züchterische Fragen zu diskutieren und Freunde zu treffen.

Die politische und schließlich durch den Bau der Mauer räumliche Trennung führte dazu, dass sich die ursprüngliche Bezirksgruppe Mitte zu einem eigenständigen Verein, der Spezialzuchtgemeinschaft für Danziger Hochflieger entwickelte. Im Bereich dieser SZG entstanden wiederum neue Untergruppierungen, so blieb die Gruppe Sachsen-Thüringen, auch als „Gruppe Süd-West“ bezeichnet, bestehen, dazu entstand die Gruppe Magdeburg und die Gruppe Mecklenburg, später auch als Gruppe Nord bezeichnet. Obmänner dieser Gruppen waren über viele Jahre Gottfried Pöthig aus Themar für die Gruppe Süd-West, Carl-Malte Gartschock für die Gruppe Nord und Willfried Schott für die Gruppe Magdeburg.

Während die Versammlungen zur Zeit des Bestehens der Bezirksgruppe Mitte vornehmlich in Leipzig stattfanden, war nach der Entstehung der SZG zunächst Berlin-Karlshorst der Ort für die Jahreshauptversammlungen. Rückläufige Beteiligungen an den Versammlungen in Berlin führten zu der Entscheidung, den Versammlungsort zu wechseln. Von diesem Zeitpunkt an wurden die Jahreshauptversammlungen im Rahmen der Hauptsonderschauen abgehalten. So traf man sich zu den Versammlungen der SZG anlässlich der Ostsee-Rassetaubenschau in Rostock, der Lipsia-Schau in Leipzig und der Junggeflügelschau in Erfurt. Die Gruppen führten später ebenfalls Schauen durch, Orte wie Rostock, Güstrow, Kirchhain, Magdeburg, und Großolbersdorf waren mehrfach die Austragungsorte dieser Schauen. Ebenfalls von den Gruppen gingen die Sommertagungen aus, die anfangs insbesondere im Bereich der Gruppe Nord großen Anklang fanden. Zweitägige Veranstaltungen mit fachlichem Inhalt, Züchterbesuchen und kulturelle Angebote sowie Zusammenkünfte, die den Zusammenhalt förderten und Freundschaften entstehen ließen, wurden von den Züchtern mit Ihren Partnerinnen gern besucht.

Ansen

Im Jahre 1964 wurde Walter Ansen zum Ehrenmitglied der Spezialzuchtgemeinschaft (SZG) ernannt, neuer Obmann wurde Erich Eichbaum. Ihm folgte 1971 Walter Berthold, der die SZG bis zur Wiedervereinigung mit dem SV als Obmann leitete.

Die SZG konnte sich in der Zeit ihres Bestehens nicht nur dem Ziel verschreiben ein Verein zu sein, in dem Tauben unter Gleichgesinnten gezüchtet werden, sondern musste jedem Bürger zudem politische Ideale näher zu bringen.

Deutlicher wird die politische Vorgabe aus einem Bericht über die Arbeitstagung der Spezialzuchtgemeinschaften, der auf der Jahreshauptversammlung der SZG im Jahre 1974 vorgetragen wurde:

[…] Auf dieser Tagung legte Zfrd. … die Aufgaben der Zuchtausschüsse der Spezialzuchtgemeinschaften auf politisch-ideologischen sowie züchterischen und organisatorischen Gebiet bei der Erfüllung der vom VIII. Parteitag der SED beschlossenen Hauptaufgabe zu Ehren des 25. Jahrestages der DDR dar. […]

Mit diesem Zitat wird sehr deutlich, dass die Zuchtfreunde in der SZG den politischen Zielsetzungen gerecht werden mussten, bevor sie sich nach eigenen Vorstellungen um die Zucht und Erhaltung des Danziger Hochflieger bemühen konnten. Da mag man dann vielleicht auch verstehen, warum sich die Zuchtrichtung in Ost und West in verschiedene Richtungen entwickelt hat.

Das Protokollbuch der SZG endet mit der Niederschrift über die  Jahreshauptversammlung am 8. und 9. April 1989.


Dies hatte natürlich seinen Grund, denn die erste Versammlung, an der Mitglieder der SZG und des SV teilnahmen, fand am 26. Mai 1990 im Rahmen der Sommertagung in Neumarkt-Oberpfalz statt.

ZusammenschlussMit dem Beschluss des Bundes Deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG) vom 06.10.1990, dass sich das Verbreitungsgebiet des BDRG über ganz Deutschland erstreckt und der Festlegung, dass es keine zwei Sondervereine geben darf, war die Grundlage zur Zusammenführung der beiden Vereine geschaffen. Die Tatsache, dass der Sonderverein unter dem Dachverband des BDRG bestand, war entscheidend dafür, dass dieser blieb und die SZG aufgelöst wurde.

Die erste offizielle gemeinsame Versammlung von Mitgliedern aus der ehemaligen SZG und dem SV fand dann am 15. Dezember 1990 in Mainz statt. Nachdem die Regularien beschlossen waren und die Wiedervereinigung im Sonderverein vollzogen war, stand es nun an, auch den Kontakt zwischen den Züchtern herzustellen und zu festigen. Dies wurde dann quasi zum Selbstgänger beim Züchterabend in der Weinschänke unserer Taubenfreunde Heike und Rolf Weidmann in St. Johann/Rheinhessen.


 

Joomla Template by Joomla51.com