Der Danziger als Hochflieger

„Wer kennt ihn nicht, diesen stolzen König der Lüfte, der in kühnem, stundenlangem Fluge schraubenartig Höhen nimmt, dass er dem bloßen Auge zeitweilig ganz entschwindet.“ Dieses Zitat stammt von Hugo Störmer aus der Geflügel-Börse Nr. 65 aus dem Jahr 1925. In der damaligen Zeit wurde der Danziger vornehmlich als Flugtaube gehalten, die Ausstellung war eher Nebensache. Dies änderte sich vor allem durch den 2. Weltkrieg, weil viele Züchter aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Durch die Kriegsjahre und die darauf folgenden Jahre mit wenig Möglichkeiten, TaubHochflug Tiereen zu halten oder überhaupt das Futter für die Tauben zu organisieren, sind auch die Taubenbestände in dieser Zeit sehr stark reduziert worden. Wer noch im Besitz von einigen Danzigern war, ließ diese nicht fliegen und versuchte zunächst, wieder mehr Zuchtmaterial zu erhalten. So fand unter den Zuchtfreunden im Sonderverein auch kein Hochflugwettbewerb statt. Dieser wurde erstmals wieder 1951 durchgeführt und erlangte in den folgenden Jahren zunehmend Beliebtheit bei den Züchtern. Die Beteiligung war teilweise so gut, dass auch zwischen den später gegründeten Gruppen ein Wettkampf um den Hochflug ausgetragen werden konnte.

Während früher die Bewertung des Hochfluges mit 5 Preishöhen erfolgte, wurde mit der Verabschiedung einer neuen Hochflugordnung im Jahr 1962 die Bewertung in 3 Höhen festgelegt. Diese Veränderung lässt allerdings keinen direkten Vergleich der Ergebnisse vor und nach 1962 zu. Außerdem sind aus früherer Zeit nur wenig Aufzeichnungen vorhanden, die Auskunft darüber geben, wie gut die Danziger  in den 1920er und 1930er Jahren sowie beim Neubeginn nach 1950 geflogen sind.

Nur aus mündlichen Überlieferungen und Zeitungsartikeln ist uns bekannt, dass die Danziger in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts durchaus mehrere Stunden geflogen sind. Es gibt sogar Ausführungen, nach denen gegen Abend aufgelassene Danziger die ganze Nacht hindurch geflogen sind und erst in der Morgendämmerung landeten.

Aufstellungen, die wegen der z.T. fehlenden Aufzeichnungen leider nicht vollständig ist, zeigen aber deutlich auf, zu welchen Leistungen im Hochflug unsere Tauben in den letzten 40 Jahren in der Lage waren und auch noch sind. So sind Flugzeiten von 3 bis 6 Stunden keine Ausnahme. Diese Zeiten werden überwiegend in Trupps geflogen, die aus durchschnittliche 5 bis 6 Tieren besteht.

Während sich in den 60er bis zu den 80er Jahren jährlich durchaus 20 und mehr Züchter am Hochflugwettbewerb beteiligten, gibt es heute im Sonderverein nur wenige Züchter, die sich mit dem Hochflug befassen. Dies hat verschiedene Gründe. Bei einigen liegt es daran, dass sie in einer ungünstigen Gegend wohnen, wo der Freiflug der Tauben von den Nachbarn als störend empfunden wird. Andere wiederum ziehen es vor, sich nur an der Schönheit der Ausstellungstauben zu erfreuen. Dann gibt es auch Züchter, die ihre Tiere gern im Freiflug halten, bei denen aber die Greifvögel in der Umgebung so zahlreich sind, dass der Freiflug der Tauben nahezu unmöglich ist. Es gibt allerdings auch Kritiker, die behaupten, unsere Tauben haben die Fähigkeit des Hochfliegens verlernt. Diesen Zuchtfreunden kann man nur sagen, sie haben es nicht verlernt, sondern es wurde durch das Einkreuzen anderer Rassen verdrängt.

Wir können nur hoffen, dass sich wieder mehr Züchter mit dem Hochflug befassen, damit der eingangs zitierte Satz auch weiterhin seine Berechtigung behält. Es wäre schade, wenn nach 100 Jahren SV-Geschichte aus dem Danziger Hochflieger ein „Danziger Tümmler“, oder nur die „Danziger Taube“ wird oder geworden ist. Mit der Hochflugeigenschaft bewahren wir bei unseren Tauben auch ein altes Kulturgut, denn der Danziger Hochflieger gehörte nun einmal zum Stadtbild Danzigs und vieler weiterer Ostseestädte. Unseren Vorfahren und den Züchtern und Mitgliedern, die den Danziger Hochflieger über den Krieg hinweg gerettet und erhalten haben, sind wir es zudem schuldig, den Hochflieger zu erhalten.

HochflugabnahmeNur wer selbst einmal einen Trupp Danziger hat fliegen lassen, kann es ermessen, welche Faszination von diesem Hobby ausgeht. Während sich die Erfolge der Aussteller erst zu den Veranstaltungen im Winter einstellen, kann der Züchter der Hochflieger bereits vom späten Frühjahr an die Erfolge erzielen. Diese zeigen sich dann nicht nur in Form einer guten Flugabnahme mit vielen Punkten. Allein das Beobachten der Tiere im Flug, wie sie sich als Jungtiere allmählich zum Trupp formen und dann in immer höhere Flugzonen bis in die Wolken vordringen und in ihnen für einige Zeit verschwinden, bedeutet Ausgleich und Erholung in der Hektik und dem Stress der heutigen Zeit. Dazu bedarf es keiner zu großen Anstrengungen: ein Sommertag, ein Liegestuhl und ein paar Danziger Hochflieger im Freiflug.

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